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Der „Grüne Ganztag“ in Kassel

Themenseite "Bildung für nachhaltige Entwicklung"

Der „Grüne Ganztag“ in der Stadt Kassel

Wie sich durch Schulleitungsbefragungen Informationen über BNE-Lernortkooperationen im Ganztag generieren lassen

Das Bewusstsein für die Bedeutung von Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) hat sich in der Stadt Kassel in den letzten Jahren zunehmend verfestigt. Gemeinsam mit zivilgesellschaftlichen Partner*innen hat sich die Stadtverwaltung auf den Weg gemacht, BNE an den Kasseler Grundschulen strukturell zu verankern. Dies umfasst nicht nur den Aufbau stabiler Kooperationsstrukturen, sondern auch die Entwicklung und Implementierung innovativer Methoden und Konzepte, die wirksam zur Gestaltung und Weiterentwicklung der schulischen BNE beitragen sollen. Das Projekt „Grüner Ganztag“ veranschaulicht dies beispielhaft. Es konzentriert sich darauf, Nachhaltigkeitsthemen und -prinzipien im Ganztag zu etablieren.

Hierdurch sollen Grundschüler*innen Selbstwirksamkeitserfahrungen im Bereich der Nachhaltigkeit machen und Schule sowie außerschulische Lernorte als einander ergänzende Bildungsangebote erleben können.

Katja Schöne

Leiterin der Abteilung Bildungsmanagement und -planung, Stadt Kassel

0561 787−4072
katja.schoene@kassel.de

Obere Königsstraße 8 / Rathaus
34117 Kassel

www.kassel.de/bildungsmanagement

Dieser Ansatz wird der Entdeckungsfreude und dem Forscherdrang von Kindern im Grundschulalter gerecht und fördert ihr Interesse an naturwissenschaftlichen Themen.

Aktuell arbeiten in Kassel 22 der 27 Grundschulen ganztägig und folgen dem „Pakt für den Ganztag“ sowie weiteren Ganztagsmodellen nach dem Hessischen Schulgesetz. Land und Schulträger übernehmen damit die Verantwortung für ein integriertes und passgenaues Bildungs- und Betreuungsangebot. Innerhalb dieses Rahmens entstand auch das Pilotprojekt „Grüner Ganztag“.

Arbeitsstrukturen und Leitbild

Um die BNE in der Kasseler Bildungslandschaft nachhaltig zu verankern, wurde eine enge verwaltungsinterne Vernetzung angestrebt, mit Beteiligung relevanter Ämter wie z. B. dem Kulturamt, Jugendamt, Umwelt- und Gartenamt und der Abteilung Sozialplanung im Sozialamt. Ziel dieser Vernetzungsmaßnahmen war zunächst die Entwicklung eines gemeinsamen BNE-Verständnisses zwischen den beteiligten Akteuren:

„Das war der erste Schritt, den wir unternommen haben: Wir haben uns intern darüber verständigt, was wir unter Bildung für nachhaltige Entwicklung verstehen, und jedes beteiligte Amt hat ein Schlüsselprojekt im BNE-Bereich entwickelt.“

- Katja Schöne, Leiterin der Abteilung Bildungsmanagement und -planung

Im Dezember 2022 wurde das Selbstverständnis im Rahmen einer großen Auftaktveranstaltung zur Diskussion gestellt, um weitere Schritte in der Verankerung von BNE in der Kasseler Bildungslandschaft zu planen. Die Veranstaltung fand unter Beteiligung zahlreicher externer Akteure wie Schulen, Kitas, Volkshochschule und mehrerer außerschulischer Lernorte und zivilgesellschaftlicher Initiativen statt.

Schulleitungsbefragung als BNE-Bestandsaufnahme 

Seit November 2022 nimmt die Stadt Kassel am Förderprogramm „Bildungskommunen“ des BMBF teil. Zurzeit sind vier Mitarbeiterinnen, die in der Abteilung Bildungsmanagement und -planung im Amt für Schule und Bildung der Stadt Kassel angesiedelt sind, mit der Umsetzung des Programms befasst. Bereits im Jahr 2019 wurde mit der Teilnahme am Vorgängerprogramm „Bildung integriert“ ein Datenbasiertes Kommunales Bildungsmanagement (DKBM) in Kassel aufgebaut, von dessen Vorarbeiten das Team heute profitieren kann. 

Im Jahr 2021 führte das DKBM eine digitale Umfrage unter den Leitungen der städtischen Grundschulen durch. 

Ein Hauptanliegen der Befragung war es, herauszufinden, inwiefern die Schulen mit außerschulischen Trägern der non-formalen BNE zusammenarbeiten und wie diese Kooperationen in der Praxis gelebt werden.

Diese Information war für die Bildungssteuerung der Stadt relevant, um ein belastbares Bild vom Umfang und der Intensität bestehender BNE-Lernortkooperationen im Ganztag zu erhalten. Aus den gewonnenen Informationen sollten Ansatzpunkte zur bedarfsgerechten Förderung der Kooperationen mit externen Bildungsträgern und Lernorten abgeleitet werden. Außerdem erhoffte sich die Stadtverwaltung Hinweise zum Abbau von Barrieren und zur Förderung von Teilhabemöglichkeiten von Kindern mit spezifischen Bedarfen, z. B. mit Beeinträchtigungen. Die Umfrage wurde zwischen Mitte März und Ende April 2021 durchgeführt und erreichte eine Rücklaufquote von 24 der 31 angeschriebenen Schulen (77,4%).

Fragebogen „Nachhaltiges Handeln lernen“ der Stadt Kassel

Über den unten bereitgestellten Link können Sie den in der Kasseler Schulleitungsbefragung „Nachhaltiges Handeln lernen“ verwendeten Fragebogen herunterladen. Der Fragebogen besteht aus drei Themenblöcken mit Items zu den Schwerpunkten, Aktivitäten, Themen, Lernorten und Unterstützungsbedarfen der Schulen im Bereich BNE und MINT-Bildung. Der dritte Abschnitt widmet sich gezielt dem Aspekt „außerschulische Kooperationspartner / außerschulische Lernorte“. Die digitale Umfrage sollte anonym ausgefüllt werden und dauerte ca. 15 bis 20 Minuten.

Download

Die Ergebnisse der Umfrage boten der kommunalen Bildungssteuerung aufschlussreiche Erkenntnisse. Ein zentraler Befund bestand darin, dass die Kooperation zwischen den Grundschulen und außerschulischen Lernorten im Bereich BNE (noch) nicht selbstverständlich ist: Mehr als die Hälfte der befragten Grundschulen unterhielt keinerlei regelmäßige Zusammenarbeit mit außerschulischen MINT- oder BNE-Lernorten. „Das war natürlich eine wichtige Erkenntnis für uns“, bilanziert Katja Schöne, „und hat uns - auch was das Pilotprojekt „Grüner Ganztag“ anbelangt –, noch einmal darin bestärkt, dass wir diese Zusammenarbeit zwischen Schule und außerschulischen Bildungsakteuren im Bereich des Ganztags stärker fördern wollen.“ Die aus der Umfrage gewonnenen Erkenntnisse dienten vor diesem Hintergrund als strategische Grundlage für die weitere Entwicklung und Implementierung des „Grünen Ganztags“. Die Ergebnisse wurden in einer Schulleitungsdienstversammlung reflektiert und beeinflussten langfristige Überlegungen und Planungen zur Integration von BNE in den Schulalltag. 

Ergebnisse aus der Kasseler Schulleitungsbefragung „Nachhaltiges Handeln lernen“ zur Kooperation der Schulen mit außerschulischen Bildungspartnern, Quelle: Doro-Thea Chwalek (Stadt Kassel, Kommunales Bildungsmanagement) 2021.

Im Interview mit der KOSMO erläutert Katja Schöne den Hintergrund des Projekts

Was war der Anlass die Befragung umzusetzen, wer war der Treiber dahinter und welche Erwartungen waren an das Vorhaben geknüpft?

Fachlich waren für uns zwei Stränge wichtig. Wir koordinieren in der Abteilung Bildungsmanagement und -planung u.a. den Ganztag an Grundschulstandorten und setzen in diesem Zusammenhang auch kommunale Impulse für die Qualität im Ganztag. Forschendes Lernen und die Öffnung von Schule sind uns dabei ein wichtiges Anliegen. Wir haben mehrere außerschulische Lernorte in Kassel, die sich hier gut für Kooperationen anbieten

Mit dem Ganztag eröffnen sich für Schulen auch neue Möglichkeiten, diese Lernorte zu nutzen und Kindern neue und andere Möglichkeiten des Lernens zu bieten. Dieses Potenzial wollten wir ausloten und Informationen darüber gewinnen, welche Gelingensbedingungen, aber auch welche Hemmnisse seitens der Schulen für Lernortkooperationen thematisiert werden.

Daraus abgeleitet lauteten unsere zentralen Fragestellungen: Wie kann die Zusammenarbeit an der Schnittstelle von formaler Bildung und dem non-formalen Bereich (Bildungsträger, außerschulische Lernorte) gestärkt werden? Und was muss für eine Verankerung in der Breite bedacht werden - vom (einmaligen) Projekt zur (regelhaften) Struktur? 

Welche Methodik liegt der Umfrage zugrunde und was war nötig für ihre Umsetzung?

Wir haben eine quantitative Befragung mit weitgehend geschlossenen Fragen und wenigen offenen Fragen als Online-Umfrage durchgeführt. Das hat sicher zu der hohen Rücklaufquote beigetragen und bot uns eine komfortable Möglichkeit für die Auswertung. Das Bildungsmonitoring hat aus den theoretischen Vorüberlegungen und dem Erkenntnisinteresse einen Fragebogen erarbeitet. Zum Zeitpunkt der Befragung haben wir noch mit einem externen Dienstleister zusammengearbeitet, der den von uns entwickelten Fragebogen in ein digitales Format überführt hat. Heute können wir dazu auch die technische Infrastruktur der Stadt Kassel nutzen und Befragungen über das Umfragetool “limesurvey” durchführen. Herausfordernd war die zeitintensive Vorarbeit, da wir z. B. sehr gezielt auch nach bereits vorhandenen Programmen des Landes Hessen, nach außerschulischen Lernorten, Themen und Materialien sowie nach deren Bekanntheit und Nutzung durch die Schulen fragen wollten.

Welche zentralen Erkenntnisse brachte die Schulleitungsbefragung hervor in Bezug auf die Implementierung von BNE in den Kasseler Grundschulen?

Wir haben eine ganze Reihe wichtiger Erkenntnisse aus den Ergebnissen ziehen können. Besonders erstaunt hat uns, dass nicht einmal die Hälfte der Grundschulen regelmäßig mit externen Bildungspartnern im Bereich MINT und BNE kooperiert. Auch die Materialien des Landes Hessen waren nur bei gut der Hälfte der Schulen bekannt. Gute Anknüpfungspunkte zeigte aber der Ganztag, da die Themen vor allem im Sachkundeunterricht und in Form von AG-Angeboten bzw. im Ganztag am Nachmittag bearbeitet werden. Als hinderliche Faktoren wurden von den Schulen neben der Zeit vor allem die Kosten (Fahrtkosten, Eintrittspreise) genannt. Mit den Fahrtkosten war somit eine konkrete Stellschraube benannt, an der beispielsweise über ein höheres Schulbudget für Schulen in sozial herausfordernden Lagen oder eine bessere Nutzung von Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket gedreht werden kann. 

Mit den Ergebnissen haben wir konsequent weitergearbeitet. Wir haben ein Pilotprojekt „Grüner Ganztag“ mit gezielter Lernortkooperation und Fortbildungsangeboten für das gesamte multiprofessionelle Team an den teilnehmenden Schulen gestartet. Das Programm wird weiter ausgebaut.

Wir haben BNE mit gezielter Lernortkooperation als Förderkriterium – auch in einem größeren, zivilgesellschaftlich organisierten, spendenfinanzierten Programm – als prioritären Schwerpunkt platzieren können.

Damit stärken wir die Motivation der Schulen, eigene BNE-Projektideen in Lernortkooperationen zu kreieren und durchzuführen. Ganz aktuell wollen wir das Thema Klimabildung und Energie voranbringen. Dazu wurde in der Befragung ein hohes Interesse der Kinder konstatiert, aber es gibt bisher nur wenige Angebote an den Schulen.

Als wichtiger „Nebeneffekt“ konnte sowohl durch die Beantwortung des Fragebogens als auch mit der Diskussion der Ergebnisse für die Themen MINT, BNE und Lernortkooperationen eine gute Sensibilisierung der Schulleitungen erreicht werden, von der wir bis heute profitieren.

Welche Ratschläge oder Empfehlungen würden Sie anderen Kommunen geben, die planen, eine ähnliche Schulleitungsbefragung zum Thema BNE durchzuführen?

Eine sorgfältige inhaltliche Vorbereitung ist sehr wichtig. Dies gilt sowohl für die genaue Vorabformulierung des Erkenntnisinteresses als auch für die spätere Fragebogenkonstruktion. Der Aufwand ist aber natürlich auch davon abhängig, ob das Erkenntnisinteresse eher eng angelegt ist oder, wie in unserem Beispiel, eine umfassendere und gezielte Beleuchtung des Handlungsfeldes zum Inhalt hat.

Bei Schulbefragungen ist es wichtig, das Staatliche Schulamt mit ins Boot zu holen und für die Unterstützung des Anliegens zu werben. Im Idealfall profitieren Kommune, Staatliches Schulamt und Schulen von den Ergebnissen.

Wichtig sind deshalb auch die Vorüberlegungen zur späteren Verwertung der Daten. Niemand will Datenfriedhöfe! Ausgehend von unseren zentralen Fragestellungen haben wir deshalb schon vorab geplant, unsere Ergebnisse später in einer Schulleitungsdienstversammlung der Grundschulleitungen zu präsentieren und zu diskutieren. Die Veranstaltungen bieten eine ideale Plattform für Rückkopplung und Partizipation. So konnten die Ergebnisse der Befragung mit den Schulleitungen geteilt und gemeinsam Schritte für den weiteren Prozess „vom Projekt zur Struktur“ überlegt werden. Die partizipative Rückkopplung der Ergebnisse sollte auf jeden Fall mit eingeplant werden, um eine gemeinsame Weiterarbeit am Thema zu erreichen.

 

Vielen Dank für das interessante Interview, Frau Schöne!


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Dieses Vorhaben wird aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung gefördert.