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Nachhaltige Lernorte

Themenseite "Bildung für nachhaltige Entwicklung"

Nachhaltige Lernorte in kommunalen Bildungslandschaften

Der nationale Aktionsplan BNE hebt hervor, dass Lernorte ihr volles Potential zur Vermittlung von BNE erst dann entfalten können, wenn sie ganzheitlich arbeiten, also ihre Lernprozesse, Methoden und die Bewirtschaftung in allen Bereichen nachhaltig gestalten (Nationale Plattform Bildung für nachhaltige Entwicklung 2017, S. 100). Diese Seite zeigt, wie Kommunen mithilfe des Bildungsmonitorings die Entstehung solcher nachhaltigen Lernorte in ihrer Bildungslandschaft fördern können. Lernen Sie Strategien und Instrumente zur Datenerhebung kennen, die dazu beitragen, die Verankerung von BNE in den Bildungseinrichtungen ganzheitlich zu erfassen und zu gestalten.

Was nachhaltige Lernorte sind, definiert u.a. das Konzept des Whole Institution Approach (WIA). Es betont, dass effektive BNE weit über die Ebene der Curricula hinausgeht und tief in das tägliche Handeln und die Strukturen innerhalb der Bildungseinrichtungen und Lernorte integriert sein muss (Mallow und van’t Land 2020). Nachhaltige Lernorte, die den WIA umsetzen, richten ihre gesamte Organisation konsequent nach den Prinzipien der Nachhaltigkeit aus.

Handlungsempfehlungen

Whole Institution Approach in kommunale BNE-Strategien integrieren

Kommunen sollten den Whole Institution Approach (WIA) als integralen Bestandteil ihrer BNE-Strategie in den Fokus nehmen. Dieser Ansatz betont, dass effektive BNE über die Ebene der Lehrpläne hinausgeht und tief in das tägliche Handeln und die Strukturen von Bildungseinrichtungen eingebettet sein muss. In Kommunen kann durch die Kombination von Bottom-up-Initiativen der Bildungseinrichtungen und Top-down-Strategien der Politik und Verwaltung wesentlich zur Entstehung nachhaltiger Lernorte nach dem WIA beigetragen werden.

BNE-Zertifizierungen als niedrigschwellige Metrik für nachhaltige Lernorte nutzen

Für das kommunale Bildungsmonitoring stellt die Erfassung von Bildungseinrichtungen, die als ganzheitliche BNE-Lernorte zertifiziert wurden, eine einfache und zugleich aussagekräftige Methode dar, um den Implementierungsgrad des Whole Institution Approach zu operationalisieren. Der Schullabel-Indikator „BiSchuLa“ ermöglicht die Erfassung und Analyse solcher Auszeichnungen, die eine grundlegende Orientierungshilfe für die Bewertung und Weiterentwicklung der kommunalen Bildungslandschaften im Sinne der Nachhaltigkeit bieten.

Schulleitungsbefragungen als vertiefende Datenerhebungen zum Whole Institution Approach umsetzen

Um tiefergehende Einsichten in die Umsetzung des Whole Institution Approach (WIA) in den Bildungseinrichtungen zu erhalten, können Kommunen standardisierte Befragungen von Schulleitungen durchführen. Diese Erhebungen sollten speziell darauf ausgerichtet sein, die spezifischen BNE-Handlungsansätze, -Prozesse und -Strukturen zu adressieren, die den WIA charakterisieren. Durch die detaillierte Erfassung dieser Implementierungsstrategien können solche Befragungen umfassende Informationen über die Tiefe der BNE-Integration im Alltag der Bildungseinrichtungen liefern.

Das Erleben des WIA aus Sicht der Lehrenden und Lernenden erfassen

Für eine differenzierte Messung der Umsetzung des Whole Institution Approach ist es wesentlich, neben strukturellen Indikatoren auch das Erleben des WIA aus der Perspektive der Lernenden und Lehrenden zu erfassen. Hierfür bietet die „WIA-Skala“ aus dem nationalen BNE-Monitoring ein präzises Befragungsinstrument. Die Skala wurde in einem mehrjährigen, systematischen Verfahren entwickelt und bildet die zentralen Facetten des Whole Institution Approach ab. Durch den Einsatz dieser Skala können Kommunen valide Daten gewinnen, die es ihnen ermöglichen, die Effektivität ihrer Bildungsstrategien zur Stärkung des WIA zu bewerten und zu verbessern.

Terminologie: Whole Institution Approach (WIA)

Mit der Umsetzung eines WIA soll Nachhaltigkeit als grundlegendes Prinzip kohärent in alle Bereiche der Organisationsstruktur einer Bildungseinrichtung integriert werden. Das bedeutet, dass sowohl soziale Prozesse (z.B. Steuerung, Kommunikation) als auch physische Kontexte (gebaute und natürliche Umgebung) den Grundsätzen der Nachhaltigkeit folgen (Holst 2023). Bezogen auf Schulen ist damit beispielsweise gemeint, dass Nachhaltigkeitsthemen nicht nur als Lehrinhalt im Unterricht behandelt werden, sondern sich auch auf andere Gebiete erstrecken, die von der Organisation beeinflusst werden können. Dazu können ein effizienter Umgang mit Energie und Ressourcen, der Einkauf von biologisch und fair produzierten Lebensmitteln bis hin zu nachhaltigkeitsorientierten Weiterbildungen und partizipativen Entscheidungsprozessen und vieles mehr gehören (BnE-Portal). 

Der WIA ist insbesondere zur Gestaltung informeller Bildungsprozesse relevant, da sich BNE sehr gut jenseits des formalen Unterrichts vermitteln lässt. Hier kann die erlebte Organisationskultur einen unmittelbaren Einfluss auf nachhaltigkeitsbezogene Einstellungen der Lernenden haben (BNE-Kompetenzzentrum). Lernende sollen in ihrem Alltag deshalb Nachhaltigkeit auf allen Ebenen erleben und ihr eigenes Handeln danach ausrichten (Holst et al. 2024). Hinzu kommt, dass Selbstwirksamkeit und Handlungskompetenz der Lernenden gestärkt werden können, wenn im Rahmen des WIA die Teilhabe an Entscheidungsprozessen wie die Gestaltung von Gebäuden oder Schulhöfen ermöglicht wird.

Nachhaltige Lernorte sind zentral für die kommunale BNE, da sie zur Erreichung globaler Nachhaltigkeitsziele beitragen und Lernende auf eine verantwortungsvolle Mitgestaltung der Zukunft vorbereiten.

Bei der Verankerung von Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) in kommunalen Bildungslandschaften spielen Lernorte, die sich ganzheitlich am Prinzip der Nachhaltigkeit orientieren, eine wichtige Rolle (Kioupi und Voulvoulis 2022; Sinakou et al. 2019). Sie tragen zur Erreichung der globalen Nachhaltigkeitsziele bei und bereiten die Lernenden darauf vor, verantwortungsbewusst und innovativ an der Gestaltung einer nachhaltigen Zukunft mitzuwirken. Dieser Zusammenhang konnte kürzlich durch eine Studie von Forschenden des Institut Futur erstmalig für Deutschland empirisch belegt werden (Holst et al. 2024). Die Ergebnisse der Studie liefern starke Hinweise darauf, dass das Ausmaß, in dem Nachhaltigkeit in Einrichtungen erlebt wird, sehr großen Einfluss auf das Nachhaltigkeitslernen hat. Erlebte Nachhaltigkeit konnte als stärkster Prädiktor für das berichtete nachhaltige Handeln der Befragten ermittelt werden (Holst et al. 2024).

Das folgende Schaubild (Abbildung 1) zeigt einen Überblick der wichtigsten Handlungsfelder zur Umsetzung nachhaltiger Lernorte nach dem Whole Institution Approach:

Abb. 1: Handlungsfelder zur Umsetzung eines Whole Institution Approach nach Holst 2023, S. 1024–1026

Aus der Perspektive der kommunalen Bildungssteuerung bietet der WIA somit einen systematischen Rahmen, um Prinzipien der Nachhaltigkeit tief in der Bildungslandschaft zu verankern. Dabei wird anerkannt, dass BNE ein integrativer Prozess ist, der nicht nur die Vermittlung von Lerninhalten umfasst, sondern auch Aspekte wie die Bewirtschaftung und die Steuerung der Lernorte sowie ihre Einbindung in die Netzwerke der kommunalen Bildungslandschaft berücksichtigt (Holst 2023; Seggern 2018). Bildungseinrichtungen werden durch diesen Ansatz zu Orten, an denen Theorie und Praxis von Nachhaltigkeit verschmelzen und so ein starkes Verantwortungsgefühl für nachhaltige Entwicklung gefördert wird.

Eine erfolgreiche Umsetzung von BNE erfordert eine ganzheitliche und systematische Verankerung von Nachhaltigkeitsaspekten in allen Bereichen und Einrichtungen der kommunalen Bildungslandschaft ("Whole Institution Approach").

Kommunen haben vielfältige Möglichkeiten, um die Nachhaltigkeit von Lernorten im Bildungsmonitoring abzubilden.

Die Schaffung nachhaltiger Lernorte im Sinne des Whole Institution Approach ist eine wichtige Stellschraube für Kommunen zur Verankerung von BNE in den Bildungslandschaften. Für das Bildungsmonitoring eröffnen sich diverse Möglichkeiten, diesen Prozess mit relevanten Steuerungsinformationen zu unterstützen. Die hierfür benötigten Daten können jedoch nicht aus der amtlichen Statistik bezogen, sondern müssen selbst erhoben werden.

Ein niedrigschwelliger Ansatz hierfür ist die Erfassung der Anzahl an Bildungseinrichtungen (i.d.R. Schulen oder Kindertagesstätten), die durch einen Zertifizierungsprozess als ganzheitlicher BNE-Lernort ausgezeichnet wurden, beispielsweise als „BNE-Schule“. Um jedoch auf dieser Basis aussagekräftige Informationen gewinnen zu können, bedarf es einer sorgfältigen und nachvollziehbaren Auswahl der zu berücksichtigenden BNE-Zertifikate und Auszeichnungen: Wenn das Erkenntnisinteresse darin besteht, den Implementierungsgrad des Whole Institution Approach in den Einrichtungen der kommunalen Bildungslandschaft zu analysieren, muss genau geprüft werden, inwiefern die Kriterien für die Vergabe der jeweiligen Zertifikate und Auszeichnungen die Umsetzung eines Whole Institution Approach in den Einrichtungen berücksichtigen. Werden die zu berücksichtigenden Zertifikate auf dieser Grundlage ausgewählt, kann der Anteil der zertifizierten Bildungseinrichtungen im Verhältnis zur Gesamtzahl der Einrichtungen als erster Indikator für die Verbreitung des Whole Institution Approach innerhalb der kommunalen Bildungslandschaft herangezogen werden. Wie ein solcher Indikator ermittelt werden kann, zeigt das folgende Beispiel des Schullabel-Indikators „BiSchuLa“.

Der Schullabel-Indikator („BiSchuLa“) ist ein niedrigschwelliges Werkzeug zur Erfassung von BNE-Auszeichnungen von Schulen.

Der BNE-Indikator-Schul-Label („BiSchuLa“) wurde im Rahmen eines Projekts an der Professur für Geographie, Didaktik und BNE an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt entwickelt (Hemmer et al. 2024). Das Vorhaben war Teil eines umfangreichen Verbundprojektes in Zusammenarbeit mit der Humboldt-Universität zu Berlin, der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg und der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Hauptziel des Projekts war die Entwicklung eines transparenten Messinstruments, welches die Implementierung von BNE im schulischen Bereich möglichst umfassend abbildet. Nach Abwägung verschiedener Möglichkeiten der Operationalisierung wurde entschieden, einen Indikator zu entwickeln, der den Anteil von Schulen mit BNE-Label im Verhältnis zur Gesamtanzahl der Schulen darstellt. Unter BNE-Labels werden hierbei Zertifizierungen und Auszeichnungen für Schulen verstanden, die BNE erfolgreich integriert und umgesetzt haben.

Herleitung

Die Entwicklung des Indikators basiert auf einer systematischen Auswertung der wissenschaftlichen Fachliteratur sowie auf Experteninterviews. Im Zuge dieses Prozesses wurde ein Kriterienraster erstellt, welches zur systematischen Prüfung existierender Schullabels mit BNE-Bezug genutzt wurde und dabei insbesondere die Anforderungen des Whole Institution Approach im schulischen Bereich („Whole School Approach“) berücksichtigt. Um in die Auswahl aufgenommen zu werden, mussten die Labels folgende Kriterien erfüllen (Kriterienraster BiSchuLa, Quelle: Hemmer et al. 2022):

Dimensionen von Nachhaltigkeit

Berücksichtigt das Label die folgenden Dimensionen von Nachhaltigkeit?

  • Ökologie
  • Ökonomie
  • Soziales
  • Vernetzung Ökologie, Ökonomie, Soziales
  • Globale Gerechtigkeit
  • Generationengerechtigkeit
Handlungsfelder eines Whole School Approach

Berücksichtigt das Label die folgenden Handlungsfelder eines BNE Whole School Approach?

  • Governance und Schulleitung
  • Unterricht und Lernangebote
  • Lern- und Schulkultur
  • Betrieb und Bewirtschaftung
  • Außerschulische Kooperationen
Externe Kontrolle

Ist eine externe Kontrolle des Labels gegeben?

BNE-Verständnis

Liegt dem Label ein möglichst klar definiertes BNE-Verständnis zugrunde?

Ziel BNE Whole School Approach

Verfolgt das Label das Ziel, die Verankerung eines BNE Whole School Approach zu fördern?

Kommunen, die sich anhand der BNE-Schullabels einen Überblick zur Verankerung des WIA in ihren Bildungseinrichtungen vor Ort verschaffen möchten, können sich bei der Auswahl der Schullabels an dem Kriterienraster orientieren. Die seitens der jeweiligen Bundesländer vergebenen Auszeichnungen können dabei einen ersten Ausgangspunkt darstellen. Weiterführende Informationen zu den in einigen Bundesländern vorhandenen Zertifizierungsverfahren und die vielfältigen und unterschiedlichen landesspezifischen Umsetzungen von BNE erhalten interessierte Kommunen im BNE-Portal des BMBF.

Begründung des Indikators

Für die Entscheidung, die Verankerung des Whole Institution Approach im schulischen Bereich auf diese Weise zu operationalisieren, waren mehrere Gründe ausschlaggebend: 

  • Validierung: Der vorgeschlagene Indikator erhielt breite Zustimmung während einer Expertenkonsultation. 

  • Aussagekraft: Die ausgewählten Labels repräsentieren den BNE-Whole-School-Approach. 

  • Handhabbarkeit: Die Datenerhebung ist unkompliziert und die Anzahl der Labelschulen gut messbar. 

  • Fortschreibbarkeit: Der Indikator ermöglicht es, Entwicklungen in Zeitreihen darzustellen und somit Veränderungen in der Bildungslandschaft aufzuzeigen. 

  • Steuerbarkeit: Schulbehörden können die Anzahl der Labelschulen beeinflussen, beispielsweise durch Anreizsysteme oder Informationskampagnen. 

  • Anschlussfähigkeit: Der Indikator kann auf andere Bildungsbereiche übertragen werden, wie Hochschulen oder den non-formalen Bereich. 

Der Indikator lässt allerdings keine Aussage darüber zu, welche Bildungserfolge („Outcomes“) in Bezug auf BNE an der Schule erzielt werden.

Fazit

Mit dem BiSchuLa liegt ein präzises und handhabbares Instrument vor, um den Fortschritt und die Verankerung von BNE an Schulen zu überprüfen. Die benötigten Informationen darüber, ob und welche BNE-Zertifizierungen die Schulen in der Kommune erhalten haben, lassen sich mit vertretbarem Aufwand bei den Schulen abfragenAnschließend muss anhand des oben bereitgestellten Kriterienrasters geprüft werden, welche der vertretenen Zertifikate in der Zählung für den Indikator berücksichtigt werden sollen. Alternativ kann das Bildungsmonitoring anhand des Kriterienrasters bereits im Vorfeld eine Festlegung auf die zu berücksichtigenden BNE-Zertifizierungen treffen und anschließend prüfen, ob aktuelle Daten über die zertifizierten Schulen öffentlich bereitgestellt werden. Im günstigsten Fall kann somit vollständig auf öffentlich verfügbare Daten zurückgegriffen werden, um den Indikator zu berechnen.

Die durch den Indikator generierten Informationen ermöglichen es der kommunalen Verwaltung, die strukturelle Verankerung von BNE in den Bildungseinrichtungen weiter zu fördern. So können etwa Schulen, die bislang über kein BNE-Label verfügen, über die verschiedenen Zertifizierungsprogramme und deren Mehrwerte für die BNE-Schulentwicklung informiert werden.

Das Instrument des Schullabel-Indikators erweist sich besonders für jene Kommunen als vorteilhaft, die gerade erst beginnen, Bildung für nachhaltige Entwicklung in ihr Bildungsmonitoring einzubeziehen und bisher noch keinen Überblick dazu haben, inwieweit die Schulen in der Kommune Nachhaltigkeitsprinzipien verfolgen. 

Jedoch liegt in der Einfachheit des Indikators auch eine zentrale Einschränkung: Er reduziert den vielschichtigen Prozess der Implementierung des Whole Institution Approach auf eine einzige Kennzahl – den Anteil der Schulen mit einem BNE-Label. Dadurch bleiben tiefere Einsichten in den spezifischen Umgang der Schulen mit Nachhaltigkeitsthemen unberücksichtigt. Um nicht nur einen Überblick über die Verbreitung des WIA zu erhalten, sondern auch ein detailliertes Bild der spezifischen Handlungsansätze und Schwerpunkte der Schulen zu zeichnen, bedarf es deshalb der Ergänzung des Schullabel-Indikators durch weiterführende Erhebungsmethoden.

Für eine vertiefende Betrachtung der Nachhaltigkeit von Lernorten kann das subjektive Erleben des WIA aus Sicht der Lehrenden und Lernenden erfasst werden.

Die WIA-Skala zur Erfassung der erlebten Nachhaltigkeit

Eine mögliche Herangehensweise zur tieferen Erfassung des Whole Institution Approach (WIA) in Bildungseinrichtungen ist die von Forschenden des Institut Futur (FU Berlin) entwickelte "WIA-Skala". Dieses innovative Messinstrument zielt darauf ab, die erlebte Umsetzung von Nachhaltigkeitspraktiken aus der Perspektive von Lernenden und Lehrenden systematisch zu bewerten. Die Skala, die im Kontext des Nationalen BNE-Monitorings entwickelt wurde, besteht aus spezifisch formulierten Fragen, die sich auf verschiedene Handlungsfelder sowie die Kernprinzipien des WIA beziehen. Sie ermöglicht es, ein authentisches Bild davon zu zeichnen, wie Nachhaltigkeit in den alltäglichen Abläufen und Entscheidungen einer Bildungseinrichtung integriert und von den Beteiligten erlebt wird.

Lesen Sie im Gastbeitrag von Jorrit Holst (Institut Futur, FU Berlin), wie sich die WIA-Skala im Rahmen des kommunalen Bildungsmonitorings einsetzen lässt, um das subjektive Erleben des WIA aus Sicht der Lehrenden und Lernenden zu erfassen.

Mehr

Standardisierte Befragungen von Schulleitungen ermöglichen ein differenziertes Verständnis darüber, wie der WIA in den Schulen umgesetzt wird.

Ein weiterer wirkungsvoller Ansatz zur Erfassung des WIA ist die Durchführung von standardisierten Befragungen der Leitungen von Schulen in kommunaler Trägerschaft . Damit können auch solche Einrichtungen erfasst werden, die möglicherweise keinen BNE-Zertifizierungsprozess durchlaufen haben, jedoch in bestimmten Bereichen bereits an Nachhaltigkeitsprinzipien orientiert arbeiten. Als Beispiel dient im weiteren Verlauf eine von der Stadt München durchgeführte Schulleitungsbefragung, die sich speziell auf die Umsetzung des BNE Whole Institution Approach konzentriert. Das Praxisbeispiel zeigt, wie durch entsprechende Befragungen tiefergehende Einblicke in die praktische Realisierung von BNE an Schulen gewonnen werden können, die über die Betrachtung der BNE-Zertifizierungen hinausgehen und – anders als die oben vorgestellte WIA-Skala – den Fokus stärker auf die Strukturen und Prozesse in der Bildungseinrichtung legen.

Die Münchner Schulleitungsbefragung zum BNE Whole Institution Approach

In der Landeshauptstadt München ist die kommunale Bildungsberichterstattung als Steuerungsinstrument fest etabliert. Hierzu gibt es zwei Formate: den Münchner Bildungsbericht, der alle Bildungsbereiche in den Blick nimmt, und den Münchner Bildungsbericht zur Beruflichen Bildung. Zukünftig erscheint alle zwei Jahre abwechselnd eines dieser Formate und wirft ein Licht auf aktuelle Themen und Herausforderungen der kommunalen Bildungslandschaft.

Für den Bildungsbericht 2022 (Landeshauptstadt München, Referat für Bildung und Sport 2022) war – wegen der zeitgleichen Erarbeitung der Münchner BNE VISION 2030 – klar, dass ein besonderer Schwerpunkt auf der Bildung für nachhaltige Entwicklung liegen sollte. Während der Konzeption des Berichts wurde zunehmend deutlich, dass das Kapitel zur BNE nicht bloß eine Übersicht zu bestehenden BNE-Projekten in der Münchner Bildungslandschaft geben sollte.

„Es kam der Punkt, an dem wir gesagt haben: Wir brauchen belastbare Daten, wie es denn wirklich aussieht mit der Umsetzung von BNE in den Schulen“, erläutert Bildungsmonitorerin Dr. Angelika Traub den damaligen Entscheidungsprozess. In enger Zusammenarbeit mit den zuständigen Geschäftsbereichen für allgemeinbildende und berufliche Schulen des Referats für Bildung und Sport fasste das Bildungsmonitoring deshalb den Entschluss, durch eine Online-Schulleitungsbefragung differenzierte Einblicke in die Verankerung der BNE im schulischen Alltag der städtischen Schulen zu gewinnen. 

Die Entscheidung, die Schulleitungen in den Fokus der Befragung zu rücken, war für das Bildungsmonitoring naheliegend:

„Gerade wenn es darum geht zu schauen, was passiert da an den Schulen, inwieweit wurden da schon BNE-Strukturen aufgebaut? Da haben die Schulleitungen einen guten Überblick und sind sehr wichtige Auskunftspersonen“, so Dr. Angelika Traub. Schulleitungen stehen täglich im Zentrum des schulischen Geschehens und fungieren als zentrale Akteur*innen des Bildungsbetriebs. Ihr ganzheitlicher Blick auf die schulischen Abläufe sowie ihre entscheidende Rolle bei der Implementierung von BNE-Strukturen macht sie zu wertvollen Experten, um zu ergründen, wie tief BNE in den schulischen Alltag eingedrungen ist und welche Herausforderungen damit verbunden sind. Die Fokussierung auf städtische Schulen ergab sich aus dem Umstand, dass die Kommune an diesen Schulen die größten Gestaltungsmöglichkeiten hat und die Schulleitungen als städtische Bedienstete direkt erreichbar sind. 

Bei der Konzeption seiner Befragung ging das Bildungsmonitoring sorgfältig vor, um sicherzustellen, dass jede Information, die durch die Befragung gesammelt werden sollte, für die Bildungssteuerung relevant war. Die Erhebung wurde in mehrere Abschnitte gegliedert, um die Bildung für nachhaltige Entwicklung in ihrer Vielfalt zu erfassen:

Der erste Inhaltsbereich konzentrierte sich auf die Frage, welche Aspekte der BNE in den letzten Schuljahren im Schulalltag besonders präsent waren: „BNE ist ein Riesenfeld, also wollten wir wissen: Welche Themen werden in welcher Breite überhaupt an den Schulen thematisiert?“, begründet Dr. Angelika Traub diesen Teil des Fragebogens. Um die Schulleitungen in ihrer Antwortfindung zu unterstützen, wurden die Auswahlmöglichkeiten an den Themenfeldern der Münchner BNE VISION 2030 ausgerichtet. Für jedes dieser Themenfelder wurden detaillierte Erklärungen und Schlagwörter geliefert – einschließlich exemplarischer Projekte, die eine Vorstellung davon vermittelten, was genau unter dem jeweiligen Themenfeld zu verstehen ist.

Das zweite zentrale Erkenntnisinteresse drehte sich schließlich um den "Whole Institution Approach": „Das Zentrale war für uns an dieser Stelle, zu schauen, welche Prozesse und Strukturen der BNE in den Schulen bereits etabliert sind“, erläutert Dr. Angelika Traub. Bei der Erstellung dieses Teils des Fragebogens wurde der Münchner Orientierungsrahmen Schulqualität herangezogen, der mit seiner Systematik die Grundlage für qualitative und nachhaltige Schulentwicklungsprozesse an Münchner Schulen liefert. Die Strukturierung des Fragebogens entlang der dort formulierten fünf Qualitätsfelder und die Orientierung an deren Begrifflichkeiten sollte an der Sprache und den Konzepten anknüpfen, die den Schulleitungen bekannt und geläufig sind.

Der dritte Themenblock war praktisch orientiert: Welche BNE-Projekte liefen konkret in den Schulen? Hier wurden die Befragten gebeten, ihre wichtigsten Projekte zu nennen und diese den in Abschnitt 1 definierten Themenfeldern zuzuordnen. Abschließend wurde außerdem eine Frage in die Erhebung aufgenommen, die oft übersehen, aber entscheidend für die Weiterentwicklung der BNE ist: Was benötigen die Schulen, um BNE besser umzusetzen? Die Antworten hierauf flossen in die finale Münchner BNE VISION ein. 

Etwa 85% der städtischen Schulleitungen nahmen an der Befragung teil. Im Ergebnis lieferte die Umfrage somit eine Datengrundlage, die Einblicke in die aktuelle Umsetzung der BNE in Münchner Schulen ermöglichte. Diese Ergebnisse wurden im Münchner Bildungsbericht 2022 ausgewertet und prägen das Kapitel zur "Bildung für nachhaltige Entwicklung":

Abbildung 2: Pädagogische Kriterien für Bildung für nachhaltige Entwicklung, Quelle: Landeshauptstadt München, Referat für Bildung und Sport 2022, S. 263.

Abbildung 3: Verankerung von BNE im Schulalltag 1, Quelle: Landeshauptstadt München, Referat für Bildung und Sport 2022, S. 265.

Abbildung 4: Verankerung von BNE im Schulalltag 2, Quelle: Landeshauptstadt München, Referat für Bildung und Sport 2022, S. 266.

Was ist bei der Planung und Durchführung entsprechender Erhebungen zu beachten? „Wichtig ist auf jeden Fall ein gewisser Pragmatismus“, betont an dieser Stelle Dr. Angelika Traub. So wurde die Entscheidung, die Schulleitungen und nicht die Schüler*innen selbst zu befragen, auch vor dem Hintergrund des damit verbundenen Ressourcenaufwands getroffen: „Wir haben uns auf die Gruppe konzentriert, auf die wir relativ schnell und problemlos zugehen konnten, nämlich die städtischen Schulleitungen – im Wissen, dass es gute Auskunftspersonen sind“. Ein bürokratischer Umweg über Landesorgane, der etwa bei einer Befragung der Schüler*innen notwendig gewesen wäre, wurde somit überflüssig.

Befragungen dieser Größenordnung dienen zudem nicht allein dem Sammeln von Daten. Vielmehr stellen sie selbst ein bildungspolitisches Interventionsmoment dar. Dr. Angelika Traub erklärt: „Die Schulleitungen mussten sich mit dem Thema auseinandersetzen, mussten sich mit diesen Begrifflichkeiten auseinandersetzen und darüber nachdenken: Was haben wir denn schon gemacht an Projekten?“ Diese Auseinandersetzung förderte nach Einschätzung von Dr. Traub die Entstehung eines gemeinsamen Begriffsverständnisses zur BNE in der Münchner Bildungslandschaft. 

Dennoch bleiben bei der Vorbereitung entsprechender Befragungen diverse Herausforderungen bestehen: Der Zeitaufwand für die Schulen, alle erforderlichen Informationen bereitzustellen, ist nicht zu unterschätzen. Daher muss der Mehrwert für die Schulen im Auge behalten werden. Es reicht nicht aus, an die Nutzung der Daten im Bildungsbericht zu denken. Stattdessen gilt es, einen Rückfluss der Informationen an die Befragten sicherzustellen: „Wir haben dann eben nicht nur unseren Abschnitt im Bildungsbericht geschrieben, sondern einen extra Ergebnisbericht für die Schulen erstellt, damit sie sich auch einordnen konnten“, erläutert Dr. Angelika Traub ihre Vorgehensweise. Auch die kommunale Schulverwaltung erhielt die Ergebnisse sowie Listen mit den genannten BNE-Projekten und zentralen Kooperationspartner*innen, um ihre Schulen besser unterstützen zu können.

Die kommunale Bildungssteuerung kann durch die Förderung des WIA entscheidend dazu beitragen, lebendige BNE-Lernorte entstehen zu lassen.

Wie die in Abb. 1 dargestellten Handlungsfelder bereits andeuten, verfügt die kommunale Bildungssteuerung über vielfältige Möglichkeiten, um die Etablierung des WIA in Bildungseinrichtungen zu fördern und unterstützen. Sie sind sowohl in der Fachliteratur (vgl. zum Überblick Holst 2023) als auch in anwendungsnahen Handreichungen (Autorengruppe BNE Kompetenzzentrum 2023; vgl. auch das Informationsangebot der UNESCO) ausführlich dokumentiert. In der praktischen Umsetzung erfordert die Etablierung eines kohärenten und effektiven Whole Institution Approach ein sensibles Ausbalancieren von Bottom-up-Initiativen, die von den Bildungseinrichtungen selbst ausgehen, mit Top-down-Strategien, die durch Politik und Verwaltungshandeln gesteuert werden (Bohunovsky et al. 2020). Dieses komplexe Zusammenspiel von Akteur*innen und Prozessen birgt die Notwendigkeit einer umfassenden Planung und Koordination sowie der breiten Unterstützung sowohl der Bildungseinrichtungen als auch der kommunalen Verwaltung, um eine Verankerung von Nachhaltigkeitsprinzipien in den Bildungseinrichtungen zu gewährleisten. Idealerweise ist die Schaffung nachhaltiger Lernorte deshalb Teil einer kommunalen BNE-Strategie.

Das Beispiel der Landeshauptstadt München zeigt, wie die Erarbeitung und Umsetzung einer kommunalen BNE-Strategie gelingen kann.

Ein Beispiel für eine kommunale BNE-Strategie, die dem Ziel der Schaffung nachhaltiger Lernorte eine zentrale Rolle beimisst und mit der Ableitung entsprechender Maßnahmen verknüpft, ist die BNE VISION 2030 der Landeshauptstadt München. Mit der BNE VISION 2030 wurde für die Stadt München ein BNE-Handlungsprogramm entwickelt, das alle Bildungsbereiche sowie übergreifende Themen, darunter auch den “Whole Institution Approach”, integriert. Der Stadtrat verabschiedete die BNE VISION 2030 im Herbst 2022, die in strategische und operative Ziele sowie konkrete Maßnahmen unterteilt ist.

Weitere Informationen zum Prozess und den Inhalten der Münchner BNE VISION 2030 können dem folgenden Aufklappelement entnommen werden:

Für die Erstellung der Münchner BNE VISION 2030 wurde im Frühjahr 2019 zunächst ein Workshop unter Leitung des Referats für Bildung und Sport sowie des Referats für Klima- und Umweltschutz durchgeführt, bei dem rund 20 Schlüsselpersonen aus Verwaltung, Bildungseinrichtungen, Zivilgesellschaft und Wirtschaft beteiligt waren - darunter z. B. die „Akteursplattform BNE“, die „StadtschülerInnenvertretung“, verschiedene Geschäftsbereiche des Referats für Bildung und Sport und des Referats für Klima- und Umweltschutz, das staatliche Schulamt und die IHK München. Diese Gruppe legte gemeinsam die Grundstruktur des Prozesses fest und identifizierte wichtige Akteur*innen für die nachfolgenden Phasen. Das eigentliche Handlungsprogramm wurde dann in einem kooperativen Ansatz von mehreren Arbeitsgruppen erarbeitet, an denen wiederum im Durchschnitt jeweils 20 Personen beteiligt waren. „Es war also ein relativ umfassender Prozess, um gemeinsam ein Programm zu entwickeln, wie BNE in allen Bildungsbereichen umgesetzt werden kann“, erklärt Bildungsmonitorerin Dr. Angelika Traub. 

Die folgende Abbildung gibt die Struktur der Akteur*innen wieder, die an der Erarbeitung der BNE VISION 2030 beteiligt waren:

Abbildung 5: Arbeitsstruktur im Erarbeitungsprozess der BNE VISION 2030. Quelle: Landeshauptstadt München 2022, S. 21.

Die Schaffung nachhaltiger Lernorte ist ein zentrales Element der BNE VISION 2030 und wird darin mit einem eigenen Unterkapitel adressiert. Ein Schlüsselmoment in der Entwicklungsphase dieses Kapitels war ein Workshop unter dem Titel „Whole Institution Approach – Wie müssen Bildungseinrichtungen als Vorbild für Nachhaltigkeit gestaltet sein?“, bei dem die Grundlagen für die inhaltliche Ausrichtung gelegt wurden. Die zuständige AG, bestehend aus diversen Expert*innen und Akteur*innen aus Bildung und Verwaltung (u.a. Bildungsteam Greenpeace Deutschland, LBV Umweltstation München, Qualitätszirkel BNE der Städtischen Berufsschule für Rechts- und Verwaltungsberufe), fokussierte sich zunächst darauf, ein gemeinsames Begriffsverständnis zum „Whole Institution Approach“ zu entwickeln und anschließend die zentralen Aspekte und Herausforderungen für eine Implementierung des WIA zu identifizieren. Dies führte zur Definition von sechs Handlungsfeldern, die mit konkreten Maßnahmen versehen und in die finale Fassung der BNE VISION 2030 aufgenommen wurden:

  • Handlungsfeld I thematisiert die Entwicklung und Kommunikation von Qualitätsstandards für nachhaltige Lernorte. Das primäre Ziel war es, Merkmale eines "Whole Institution Approach" zu definieren, sodass alle Bildungseinrichtungen in München nach einem einheitlichen und umfassenden Ansatz für Nachhaltigkeit agieren können. 

  • Handlungsfeld II befasst sich mit der nachhaltigen Beschaffung und Bewirtschaftung. Bildungseinrichtungen in München sollen als Orte dienen, an denen Nachhaltigkeit praktisch erfahrbar ist. Sie sollen aktiv zum Klima- und Umweltschutz beitragen und dabei als Vorbilder für zukunftsfähige Lebensstile dienen.

  • Handlungsfeld III konzentriert sich auf die Qualifizierung sowie die Aus- und Weiterbildung. Die Umsetzung des „Whole Institution Approach“ soll hier durch ein umfassendes Qualifizierungsprogramm für die Beschäftigten in den Münchner Bildungseinrichtungen unterstützt werden. 

  • Handlungsfeld IV legt den Schwerpunkt auf die Führungsebene. BNE soll als zentrales Prinzip in allen Leitungsstrukturen der Stadt München und ihren Bildungseinrichtungen verankert werden.

  • Handlungsfeld V stellt Kooperation und Vernetzung in den Fokus. Die Zusammenarbeit von Bildungseinrichtungen im städtischen Raum und mit weiteren Lernorten sowie anderen BNE-Akteur*innen ist von zentraler Bedeutung, um den "Whole Institution Approach" umfassend umzusetzen.

  • Handlungsfeld VI adressiert die Aspekte der Finanzierung und Ressourcen, Anreize und Förderung. Damit der "Whole Institution Approach" nachhaltig und effizient in den Bildungseinrichtungen umgesetzt werden kann, müssen diese über ausreichende finanzielle Mittel und zeitliche Ressourcen verfügen. Darüber hinaus sollen Anreizsysteme und Förderungen entwickelt werden, die die Implementierung und Weiterentwicklung nachhaltiger Praktiken unterstützen.

Innerhalb dieser Handlungsfelder wurden anschließend jeweils operative Ziele und Maßnahmen formuliert. „Die Konzeption war also wirklich ein dickes Brett, wo bis auf Maßnahmenebene runtergebrochen wurde: Was muss passieren, damit wir BNE in den Bildungseinrichtungen verankern?“, erläutert Dr. Traub. Zum Beispiel beinhaltet das Handlungsfeld Beschaffung die Einrichtung einer Beratungsstelle für nachhaltige Beschaffung sowie die Erweiterung des Schulungsangebots zu diesem Thema. Auch die Weiterführung und Ausweitung erfolgreicher Leitprojekte, die die Qualität von WIA-Standards fördern, wurde als eigene Maßnahme festgehalten.

Das Beispiel München zeigt, dass die kommunale Verwaltung über vielfältige Einflussmöglichkeiten verfügt, um einen ganzheitlichen BNE-Ansatz gemäß des „Whole Institution Approach“ in den Einrichtungen ihrer Bildungslandschaft strategisch zu verankern. Diese Möglichkeiten sind jedoch nicht nur Großstädten vorbehalten. Auch Landkreise und kleinere Städte können entsprechend ihrer spezifischen Rahmenbedingungen und Ressourcen wirksame Schritte unternehmen, um die Ausrichtung am WIA zu fördern. 

Im Folgenden werden diverse Ansätze und Maßnahmen vorgestellt, die Kommunen unterschiedlicher Größe ergreifen können, um nachhaltige Lernorte erfolgreich zu gestalten:

Individuelle Prozessbegleitung

Um die Umsetzung entsprechender Standards und Richtlinien zu unterstützen, kann die Verwaltung den Bildungseinrichtungen eine individuelle Prozessbegleitung anbieten. Zusätzlich können etwa Fachberatungsstellen geschaffen werden, die bei der Umsetzung einer ganzheitlichen BNE unterstützen. So haben in Sachsen verschiedene Landkreise oder Regionen Servicestellen für BNE eingerichtet, die Bildungsinstitutionen im ländlichen Raum als Anlaufstellen beratend zur Seite stehen. Landesweit koordiniert werden die Servicestellen durch die Landeskoordinierungsstelle BNE bei der Landesstiftung Natur und Umwelt (LaNU) (Sächsische Landesstiftung Natur und Umwelt; BNE-Kompetenzzentrum 2023).

Zuschüsse und Förderungen

Um die Erfüllung von Nachhaltigkeitskriterien zu fördern, können Zuschüsse und Förderungen der Verwaltung für Bildungseinrichtungen und -projekte grundsätzlich an entsprechende Kriterien gebunden werden. Dafür können die Zuschussrichtlinien und Förderkriterien der Referate überprüft und angepasst werden, insbesondere im Hinblick auf Projekte und Fördernehmer*innen aus dem Bildungsbereich. Beispielsweise hat sich die Stadt Leipzig zum Ziel gesetzt, BNE in alle bildungsrelevanten städtischen Förderrichtlinien aufzunehmen, damit auf diesem Weg auch nicht institutionell organisierte Partner*innen gestärkt werden (Stadt Leipzig).

Entwicklung von ganzheitlichen BNE-Qualitätsstandards

Ein „weicheres“ Instrument zur Förderung der Implementierung eines Whole Institution Approach kann schließlich in der Entwicklung von ganzheitlichen BNE-Qualitätsstandards für die kommunalen Bildungseinrichtungen bestehen. Die Erarbeitung erfolgt idealerweise in einem partizipativen Prozess, bei dem die Verwaltung wichtige Zielgruppen und Anbietende von BNE einbindet. Der Landkreis Kitzingen in Bayern hat bereits im Jahr 2017 ein BNE-Konzept verfasst, in dem BNE-Qualitätskriterien für die Entwicklung von Bildungsangeboten entwickelt wurden (Autorengruppe BNE Kompetenzzentrum 2023, S. 86).

Niedrigschwellige Projekte

Schließlich haben Kommunen die Möglichkeit, durch niedrigschwellige Projekte einen Einstieg in die Umsetzung des Whole Institution Approach zu finden. In der Landeshauptstadt Kiel ist es gelungen, mit dem Preisgeld aus dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis in Kooperation verschiedener Ämter mit Vertreter*innen der städtischen Kitas das Projekt „Wechselbüddel“ auf den Weg zu bringen. Ein „Wechselbüddel“ ist eine wiederverwendbare, waschbare, nachhaltig gefertigte Tasche, mit der die Verwendung von Plastiktüten in Kitas ersetzt wurde. Mit diesem Projekt konnten neben der Vermeidung von Abfall Eltern und Kinder für einen schonenden Umgang mit Ressourcen sensibilisiert werden (BNE-Kompetenzzentrum).

Autorengruppe BNE Kompetenzzentrum (Hg.) (2023): Praxishandbuch Bildung für nachhaltige Entwicklung in der Kommune gestalten. Hintergrund – Beispiele – Arbeitshilfen für den Start. Online verfügbar unter https://www.bne-kompetenzzentrum.de/sites/default/files/2023-06/BNE-Praxishandbuch_WEB.pdf.

BNE-Kompetenzzentrum (2023): BNE-Servicestelle gestartet. Modellkommune Vogtlandkreis begleitet Bildungseinrichtungen. Online verfügbar unter https://www.bne-kompetenzzentrum.de/de/bne-service-stelle-im-vogtland-kreis-begleitet-bildungs-einrichtungen.

BNE-Kompetenzzentrum: Mit Wechselbüddel-Verleihsystem gelingt Kiel der Einstieg in die abfallarme Kita. Online verfügbar unter https://www.bne-kompetenzzentrum.de/de/wechselbueddel-verleihsystem-kiel, zuletzt geprüft am 18.07.2024.

BNE-Kompetenzzentrum: Was ist der Whole Institution Approach und warum ist er wichtig? Online verfügbar unter https://www.bne-kompetenzzentrum.de/de/was-ist-der-whole-institution-approach-und-warum-ist-er-wichtig, zuletzt geprüft am 18.07.2024.

BnE-Portal: Whole Institution Approach – der ganzheitliche BNE-Ansatz. Online verfügbar unter https://www.bne-portal.de/bne/de/einstieg/bildungsbereiche/whole-institution-approach/whole-institution-approach.html, zuletzt geprüft am 18.07.2024.

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Hemmer, Ingrid; Lude, Armin; Mainka, Steven; Schwarz, Veronika; Bagoly-Simo, Peter; Ullrich, Mark et al. (2024): Sind (BNE-)Schullabels geeignete Indikatoren, um die Implementierung von Bildung für nachhaltige Entwicklung ins schulische Bildungssystem zu messen? Ergebnisse eines empirischen Projektes. In: Zeitschrift für internationale Bildungsforschung und Entwicklungspädagogik 47 (2), S. 4–11. DOI: 10.31244/zep.2024.02.02.

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UNESCO (Hg.): Bildung für nachhaltige Entwicklung Whole Institution Approach – der ganzheitliche BNE-Ansatz. Online verfügbar unter https://www.unesco.de/node/6100.

Verfasst von Daniel Weydert und Dr. Tobias Vetterle (KOSMO) mit einem Gastbeitrag von Jorrit Holst (Institut Futur) und freundlicher Unterstützung von Dr. Angelika Traub (Landeshauptstadt München).


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